vier sind mal welt

WELTREISE ALS FAMILIE – UND DANACH?

Eigentlich könnte die Reise hier enden. 

Eigentlich könnten wir uns hier auch niederlassen. Eigentlich. Aber…nee. Geht nicht. Denn eigentlich sind wir ja nur zehn Tage hier.  Sagt die eine Stimme. Und seufzt innerlich. – Was? Ganze zehn Tage??  (Meldet sich die  andere Stimme).  Ist ja fantastisch! Unglaublich. Wie toll!

Zehn Tage in einem Haus leben dürfen, in das wir uns alle vier sofort verliebt haben. Zehn Tage  an einem Strand sein dürfen, den wir schon als „unseren Strand“ bezeichnen, denn Nachbarn gibt es nicht. Zehn Tage an einem Ort sein dürfen, an dem es kaum regnet (und wenn, dann heftig und kurz) und wo man vom Garten aus Delfine und Robben sehen kann. Das ist: ein verdammtes Glück. Finden wir gerade.

Ich könnte jetzt auch zu Rotorura, den Begegnungen mit den Maoris, zu den Geysiren und Vulkanen, die wir gesehen haben und zum charmanten Wellington etwas schreiben, kommt noch, das nächste Mal, viel gesehen und viel erlebt, doch heute muss es ein kurzer Eindruck vom Haus sein. Das Haus befindet sich im Norden der Südinsel, an der Golden Bay, bei Takaka. Direkt am Abel Tasmanien Park, einem, laut Reiseführer, der schönsten Regenwälder Neuseelands. Zwei Stunden fuhren wir in Serpentinen über eine Gebirgskette, um diese Bucht zu erreichen. Die Tür zum Garten unseres Hauses stand offen, als wir ankamen, der Schlüssel passt sowieso nicht mehr so richtig. Im riesigen Garten am Abhang und zum Meer ausgerichtet stehen Zitronen- und Äpfelbäume, es gibt Thymian, Rosmarin und Salbei. Das Meer ist zwanzig Meter entfernt, von fast jedem Zimmer aus kann man es sehen. Und hören! Auch vom Klo aus. Denn das befindet sich mit separatem Eingang neben dem Haus. Wenn man die Tür offen lässt, blickt man auf eine Palme und das Meer. Wir lassen immer alle Türen offen, denn außer uns ist hier weit und breit erst einmal – niemand. 

Irgendwann steht Kelvin auf der Terrasse. Kelvin ist der Hausbesitzer und somit unser Vermieter. Wie so viele Neuseeländer, hat auch er einen sehr offenen Blick, ein einnehmender Typ. So wirken viele Menschen hier auf uns. Anpackend. Offen. Interessiert. Geerdet. Frank drückt es pragmatischer aus: „Ich würde jedem von ihnen sofort ein Auto abkaufen.“

Kelvin wohnt oben auf dem Hügel. Fragt, was wir noch benötigen und erzählt uns von der Küste hier. Vor zwei Wochen sind hier 200Wale gestrandet. Das Drama passiert hier häufiger. Die Wale verirren sich in der Bucht, finden nicht mehr heraus und viele von ihnen verenden dann qualvoll. Sofort kamen fünfhundert Helfer zusammen, um den Tieren zu helfen. Die Hälfte der Wale hat deshalb überlebt. Wenn Kelvin davon erzählt, spürt man, dass ihn das Geschehen noch immer mitnimmt. Es ist komisch, aber zu den Menschen hier finden wir sofort einen Draht. Und sei es nur ein kurzes, nettes Gespräch. Der Tankwart zum Beispiel erzählte heute, er würde jeden Freitag im Pub als Gitarrist in einer Band auftreten, Musik sei seine wahre Leidenschaft, und außerdem würde er gerne Deutsch lernen wollen. Niemand fragt uns, wie wir Neuseeland finden und wie lange wir hier bleiben. Stattdessen ergeben sich Gespräche. Über Kambodscha. Über andere Länder die wir bereist haben. Über Deutschland. Über das Leben. Es wirkt alles sehr – friedlich. Unkompliziert. Ohne Statussymbole. Due Autos sind oft älteren Datums, dafür gerne mal bunt. Die Häuser Blumen umrankt und aus Holz. Die wenigsten Neuseeländer bauen sich ein Haus und leben darin ihr Leben lang. Die Fluktuation in Neuseeland ist hoch, sagte man uns. Besitz ist offensichtlich nicht so wichtig. Häuser werden nicht abgeschlossen, nur dann, wenn man längere Zeit verreist ist. Dafür gibt es Spielplätze an jeder Ecke. Und was für welche! Für Eltern und Kinder tut man hier alles zum Glücklichsein. Doch dazu mehr an anderer Stelle. 

Wir sind die letzten Bewohner „unseres“ Hauses, denn es soll zum Großteil abgerissen werden. Um Platz zu schaffen für drei Schlafzimmer und sicherlich ein moderneres Bad. Doch wir lieben es genauso wie es jetzt ist. (Wir müssen es ja auch nicht vermieten…). Mit offener Küche und alten hellblau gestrichenen Küchenschränken, mit altem Geschirr und einer Flügeltür zum Garten nebst Holzterrasse, nur ein paar Schritte vom Strand entfernt. Und mit einem komplett eingerichteten Wohnwagen direkt am Meer – falls mal Besuch kommt, wie Kelvin sagte…

Am Strand findet man diverses Strandgut. Angeschwemmtes Holz in allen Farben und Formen. Frank und die Mädchen haben angefangen, ein Tippi zu bauen derweil ich am Strand entlang gelaufen bin und Steine und Muscheln gesammelt habe. 

Das Leben kann so einfach sein. Ein türkis farbenes Meer ohne große Strömung, ohne  Haie und Jelliefish, dafür glasklar, und davor ein Strand und eine Bucht wie bei Robinson Crusoe, ein romantisches kleines Haus direkt an diesem Strand mit Früchten im Garten und ganz viel Platz, der nächste Supermarkt und ein paar nette kleine Läden sind 17 Kilometer entfernt,  was in Neuseeland „ums Eck“ heißt, und ein cooler Pub zwei Kilometer weit, das „Mussel Inn“, das Kultstatus hat in dieser Gegend, weil hier regelmäßig Bands auftreten, es Poetry Slam und Theater-Abende gibt und weithin gerühmtes selbst gebrautes Bier.

Wir bleiben. Zumindest für die zehn Tage…

7 Gedanken zu “Das Haus. Das Meer. Und wir.

  1. Silke sagt:

    Hey Ihr ! Liebe Grüße ans andere Ende der Welt. Bin auch gerade auf Reisen. Urlaub allein – sozusagen das komplette Gegenkonzept zu Euch. In Uruguay und Argentinien. Mir gehts super! Sonnige Grüße, Silke

    Like

    1. Wie schön! Da möchte ich auch mal hin, irgendwann…Und alleine reisen schätze ich ab und zu ja durchaus auch. Wir sehen uns dann alle im Sommer. In Berlin, Grevesmühlen, Hamburg oder – egal. Liebe Grüße an die toughe Gaucherin! (Oder wie ist die weibliche Form von Gaucho? :)

      Like

  2. Andreas sagt:

    Hey Frank, ich komm mal einen Abend auf ein Bier oder zwei vorbei

    Like

    1. Dann bring aber auch Corinna mit – auf einen Weißwein. Der Sauvignon Blanc aus dieser Gegend ist her-vor-ra-gend! :)

      Like

      1. Corinna sagt:

        Bin dabei :-). Also, wenn ich das so lese, packt mich echt die Reiselust!

        Like

Hinterlasse einen Kommentar