Wir probieren es. Jeden Tag. Das Chillen. Aber es klappt noch nicht. „Mama, woran denkst du gerade?“ – „Ich habe eine Stelle am Fuß, guck mal.“ – „Mir ist heiß.“- „Mir ist kalt.“ – „Was ist das für ein Vogel?“
Die Mädchen sind super Reisebegleiterinnen, ohne Frage. Kein Gemecker, schlafen überall, spielen, singen und lachen viel zusammen. Jammern nicht, auch nicht bei gewöhnungsbedürftigen und stinkigen Stehklos und Halbtoten auf der Straße, die wir in Südafrika und Asiengesehen haben, nicht beim Kotzen im Bus, nicht beim Eisverzicht. Dafür waren die Eindrücke in diesen Ländern vielleicht einfach zu stark. Wir teilten uns oft ein Bett, die Mädchen und ich und alles war gut. Naja, ich habe schon besser geschlafen, aber das Adrenalin war hoch beim Aufwachen, denn jeder Tag war spannend und neu.
Hier in Australien ist alles auf fast Null runter gefahren, keine großen Pegel mehr. Chillen ist eigentlich angesagt, Strände, drum herum viel Grün bzw. wenig, das einen aus der Bahn wirft und überrascht. Außer die ewigen Regenschauer. Aber die Nässe kennen wir aus Hamburg, bloß, dass es hier nicht durchregnet, sondern alle paar Minuten oder Stunden, und danach wieder die Sonne scheint. Entspannung, eigentlich. Aber wir üben noch. Ich versuche mich daran zu gewöhnen, nicht allleine auf Klo gehen zu können, weil mindestens eines der Mädchen mitkommt. Beim Duschen genauso. Und zum Zähne putzen. Wir haben im sinntflutartigen Regen, der draußen gegen die Scheibe prasselte, gesungen unte der Dusche, es war lustig, ein sehr schöner Moment, und doch- Frank und ich genießen gerade das Joggen am Strand am Morgen. Eine halbe Stunde für sich sein. Bis zum Zähneputzen…
Die heiße Jahreszeit, der Hochsommer, ist hier vorbei, die Strände leer, im Februar bereitet man sich im Osten Australiens so langsam auf den Herbst vor. Die Campgrounds sind, außer am Wochenende, meist ebenfallls angenehm leer, wir treffen dort fast ausschließlich Australier, die sich mit „See you next year“ verabschieden. Kontakte zu anderen australischen Campern haben wir kaum. Man zieht sich zurück, gerne hinter großen Planen und einem meist sehr imposanten Auto. Die Menschen dahinter bekommen wir kaum zu Gesicht. Umso mehr die Hunde. Von Sydney bis hier, kurz vor Brisbane sind Kampfhunde jeglicher Art sehr beliebt, die sich am Strand austoben und demonstrieren, dass sie zwei Meter hoch springen können. Und danach und zwischendurch gerne auf einen zurasen. Wir sind gewappnet und schleichen am Strand. Keine falsche Bewegung. Helen müssen wir immer wieder trösten und beschützen. Die Hunde sind jedoch bisher nicht so gefährlich wie andere Tiere, die sich hier tummeln: weiße Haie. Bis zu vier Meter lang. Gestern hat es ein paar Kilometer von hier einen Surfer erwischt, ihm wurden, obwohl er nicht weit draußen war, beide Beine abgebissen. kurz darauf ist er verstorben. Einen Tag zuvor traf es an diesem Strand, in Byron Bay, an dem wir jetzt sind, einen Jungen, der mit seinem Boogyboard unterwegs war. „Bad luck.“ sagt man hier und surft weiter. Wir hingegen gehen derzeit nur noch mit den Fußspitzen ins Wasser…ist sicherer. Und, um sich selbst abzulenken, scherzen wir: „Guck mal, der kommt mit beiden Beinen wieder raus, kann so schlimm nicht sein.“
Ich übe mich lieber im chillen. Wie gesagt, klappt noch nicht. An so einem Strand kann man prima Zen-Übungen machen. Mit Helen habe ich schon mal angefangen, zumindest immer dann, sofern keine Kampfmaschine von Hund einen beim Zen-Zelebrieren stört…
Es gibt aber auch possierliche Tierchen: Kängurus mitten auf dem Campingplatz zum Beispiel, außerdem Papageien und überall Koalas. Die wir im Krankenhaus besucht haben (mehr dazu von Antonia).
Die Australier in dieser Gegend lieben ihren Landstrich sehr, immer wieder hören wir die gleichen zwei Fragen: „How long are you staying here?“ und: „How do you like it here?“ Wenn wir erzählen, dass wir eine Weltreise machen und Australien nur recht kurz besuchen, ernten wir erstaunte Blicke: Afrika? Asien? Neuseeland? Warum das. Warum nicht nur Australien? Hier gibt es so viel zu sehen! Der Zoo von Sydney wird immer wieder gerne erwähnt, der einmalig auf der Welt sein soll und den wir bewusst nicht besucht haben, weil wir Giraffen, Nashörner Elefanten, Löwen in freuer Wildbahn in Südafrik, Nepal und Indien gesehen haben, aber es soll trotzdem kein Vergleich sein mit dem Zoo von Sydney. Ok. verpasst, den Zoo. Auch die schönen Hügellandschaften, die vielen Kühe und netten Dörfer bei Melbourne, von denen man hier schwärmt und die einmaligen Strände bei Perth. Nicht gesehen. Wir ernten mitleigies Schulterzucken: „i see, you’ve not the time to see it“ (leises Stöhnen), „you have not the time.“ Dann ist das Gespräch meist beendet. Neuseeland scheint man in dieser Gegend nicht so zu mögen, es fallen Begriffe wie „backwards“ und „simple“, „small“. Und das Interesse an der eigenen Person sinkt vollends. Neuseeland haben wir noch vor uns, fast sechs Wochen sind wir dort. Das werden wir dann persönlich überprüfen, wie small und backwards es ist.
Eben gerade fuhr ein sehr netter Typ mit seinem Fahrrad an unserem Campervan vorbei, er schläft ein Vehikel weiter und wollte heute Abend essen gehen, einer der genau wissen wollte, wohin unsere Reise geht, ob und wie wir Antonia unterrichten, der den Mädels gezeigt hat, wie man ein Surfbrett präpariert und mit uns über Australien und die Gegend hier geredet hat. Mit dem wir gescherzt haben und mehr als drei Sätze gerdet seitdem wir hier sind – ein Engländer.
Abends haben wir zweimal versucht zu grillen. Das funktioniert hier so: da offenes Feuer und Grillen mit Kohle in ganz Australien laut Gesetz verboten ist, wie man uns sagte, gibt es meist an ein oder zwei Orten auf den Campgrounds Metallplatten. Diese werden mittels Gas vorgeheizt und dann legt man sein Grillgut drauf. Und wartet. Hinter einem warten meist noch andere, sofern man nicht, wie wir, nachts grillt, also ab 19h. Hier grillt man zwischen 17 und 18h. Um zwanzig Uhr gehen dann die meisten in ihr Zelt, Camper oder die Cabin. Da ist es nur konsequent, dass auch in den Ortschaften niemand mehr auf der Straße ist ab 18h. Geschäfte dicht. Alle zu Haus. Aber kurz zurück zum australischen grillen wie wir es gerade erleben. Das heiß gemachte Grillgut wird von der Metallplatte genommen und zur Familie gebracht. Und sofort schnellstens verzehrt. Alles auf einmal, denn nach zwanzig Minuten kühlt die Platte ab.
Wir haben beschlossen, mi dieser Form des Grillens erstmal aufzuhören und zu warten, bis wir den Campervan in den USA haben. Denn eigene Grill-und Feuerstellen gehören zu vielen Campsites in den USA dazu.
Morgen früh gehts erst einmal wieder zum Spielen und Joggen an den Strand und dann weiter Richtung Sunshine Coast. Heute kam eine Nachricht aus Neuseeland. Da wir die ersten Tage in Auckland keinen Mietwagen haben und unsere Vermieterin nach öffentlichen Verkehrsmitteln gefragt hatten, schrieb sie zurück: „leave that with me. I am sure we can help.“ Kurz darauf eine weitere Mai: „Yes. I can help. I will pick you up and so long as you don’t mind a scruffy car you can use mine.“