Nichts ist mehr zu sehen. Alles wieder friedlich. Die Sonne sonnt, der Himmel strahlt, die Felder leuchten.
Vom Inferno vor zwei Tagen: nichts mehr zu sehen. Menschen starben in den Wassermassen, Autos schwammen wie Boote durch die Straßen, Häuser überfluteten. Ich habe das Ganze nur am Rande mitbekommen, auf der Autobahn, Wassermassen stürzten vom Himmel, Autos blieben stehen, weil man nichts mehr sehen konnte. Die Fahrbahn glich einem Fluss. – Und heute? Alles friedlich. Zumindest hier, in La Cadiere d’Azur, einem meiner Lieblingsorte der südlichen Provence. Ein Ort aus dem Mittelalter, einige der Häuser und vor allem Türen stammen noch aus dem 11. Jahrhundert und durch die Gassen sind bereits Cathérine de Medici und Heinrich III. geschlendert.
Hierhin habe ich mich für eine Woche zurück gezogen, um zu schreiben. DAS klingt doch toll! „Zurück gezogen, um zu schreiben….“ WENN es denn so einfach so wäre. Sich mal so zurückzuziehen. Und vor allem: zu schreiben. Denn: da ist zunächst meine Unterkunft, ein kleines Steinhaus, pi-tto-res-que – inmitten von Weinstöcken und chateaus. Das klingt wundervoll. Und das ist es auch. Wenn nur die Anfahrt nicht so schwierig wäre. Denn schon allein der Weg hierher lässt mich kiloweise abnehmen.
Weil: die Franzosen neigen dazu, andere Autofahrer einfach nicht zu beachten. Mittellinien auf der Straße? Ne m’intéresse pas.- Schmale Straße und Platz für nur ein Auto? L’autre peut attendre, n’est-ce pas? – Rond point? Moi je suis le premier, toujours! Der Weg zu meinem Steinhäuschen führt über Hügel durch Weinstöcke und er ist so schmal, dass man den halben Weg zurücksetzen muss, wenn einem jemand entgegen kommt. Leider kommt einem immer wieder jemand entgegen. Und danach wird er so steil, dass man nur im 1. Gang und über Schlaglöcher sein Gefährt irgendwie versucht, da rauf zu peitschen. Und dann die Dörfer…Durch La Cadière („mein“ Dorf) und die anderen äußerst pittoresken Dörfchen auf den anderen Hügeln sind früher Pferde getrabt, jedoch keine Blechkisten mit Pferdestärken. Soll heißen: für Autos sind die Gassen nicht gemacht. Zu schmal. Also: schwitzen und versuchen oder rückwärts den Berg wieder runterrollen lassen. Schilder gibt es kaum oder sie sind hinter Bäumen versteckt und dann hockt einem ein hektischer Franzmann auf der Stoßstange…
Wirklich, ich liebe diese Gegend, kenne jedes Dorf hier, seit mehr als zwanzig Jahren mittlerweile, und würde gerne später mal ein paar Monate im Jahr hier verbringen auf diesem wunderschönen Fleckchen Erde zwischen Marseille und Toulon, genau wie Frank, aber…das Autofahren hier, mon dieux!
Meine netten Weingutbesitzer haben mich dafür schon zu einer Vernissage in La Cadière eingeladen. Die Bilder, ja, ok, man guckt ein bisschen interessiert, tauscht ein paar Worte aus und dann sagt die Kuratorin: Und jetzt trinken Sie ein bisschen Wein, nehmen ein paar Häppchen und Maccarons. Ich liebe sowohl Maccarons als auch Rosé aus dieser Gegend – ach, und Häppchen. Mit der Kuratorin habe ich mich gut verstanden…Wir redeten, wovon sonst, vom Essen. Sie liebt die „Schlagsahne allemand“, weil sie nicht so süß ist und so fantastisch zu den Obsttorten passt. Kurz – es war ein amüsanter Abend. Einen Tag später dann die Fêtes d’olives in Oulioulles, einem sympathischen Örtchen ganz hier in der Nähe. Und was machte man dort, auf dem Fest? Rosé trinken, wahlweise am Tresen Pastis und – essen. Oder spontan anfangen zu singen, so wie diese Mutter (ihre Kinder spielen im Hintergrund), und la vie einfach nur belle finden…
Und wenn man nicht gerade sang, trank oder aß, kaufte man ein – zum Essen. Ich habe Würste gekauft und Honig und Pasteten und Kräuter und selbst gemachte Mandarinenkonfiture. Und so viel probiert, dass ich pappsatt nach Hause gefahren bin. Essen kann ja glücklich machen…nur das Schreiben…fällt dann etwas schwer. Heute meine Freunde aus Düsseldorf getroffen, die gerade die Ferien in einem Haus im Hinterland verbringen, durch Sanary sur Mer geschlendert, meinen Lieblingsort am Meer in dieser Gegend und anschließend an unseren favorisierten Strand gefahren, denn irgendwie muss man sich ja auch mal abkühlen, bei 26 Grad heute, und natürlich gleich „un demi Rosé“ bestellt…man muss sich schließlich den Franzosen anpassen, wenn man schon hier ist, brev – es war ein herrlicher Nachmittag…nur zum schreiben bin ich irgendwie kaum gekommen…
Dafür beschäftige ich mich nebenbei erneut mit der Südsee, genauer, mit den Cook Islands, denn so wie es nun aussieht, werden Mr. Hopeless, der singende Busfahrer und einige andere der Cook Islander für „Arte“ ihr ganzes talent zeigen dürfen. (also auch wieder für die Franzosen – und für die Deutschen, natürlich...) Und die Inseln und Atolle ihre ganze Schönheit. Doch bis dahin: con-cen-tra-tion, s’il te plait, Madame! Parce qu’il faut: écrire!Jetzt haue ich also weiter fröhlich in die Tasten und gucke morgen einfach nicht mehr auf die blöden Mandelbäume im Garten und die hässlichen Weinhügel, piefigen Dörfer und ignoriere den stinkenden Lavendel, die ätzenden Kiefern und den übel riechenden Jasmin…voilà.
Ich koennte da ja gaaar nicht schreiben. Nur geniessen. Aber das hoert sich ja ehrlich gesagt bei Dir ein bisschen aehnlich an. Viel Spass noch!
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un bon salut
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De moi aussi! C’était très chouette de vous avoir vu ici! :) bonne vacances à vous, bises à Corinna et gardez le soleil pour moi!
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